Der Müllheimer Kammerchor feiert sein 25-jähriges Bestehen mit zwei Aufführungen und vielen Beatles-Songs. (veröffentlicht am 16.05.2015 in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung von Dorothee Philipp)
Vielseitig und wandelbar: Der Müllheimer Kammerchor unter der Leitung von Albrecht Haaf bei seinem Konzert zum 25-jährigen Bestehen. Foto: Dorothee Philipp
MÜLLHEIM. Zwei Konzertaufführungen, die Maßstäbe setzten, stehende Ovationen und mindestens zwei neue Sänger – der 25. Geburtstag des Müllheimer Kammerchors war ein echtes Fest für alle, Zuhörer und Aufführende. Mit den Beatles kam der Aufschwung im Chor, Beatles-Songs bestimmten auch das Jubiläumskonzert, das aber in seiner Programmgestaltung die ganze stilistische Bandbreite zeigte.
Diese verdankt der Chor nicht zuletzt der unermüdlichen Arbeit von Chorleiter Albrecht Haaf, der als versierter Komponist für seinen Chor immer wieder neue Arrangements schreibt und Kontakte zu vielen interessanten Musikern hat. Das zeigte sich beim jüngsten Konzert, bei dem eine bunt besetzte Instrumentalgruppe mitwirkte, angefangen von dem Brass-Wood Quartett mit Mike Schweizer (Saxophon), Jörgen Welander (Tuba), Karin Stock (Trompete) und Walter Ifrim Klarinette, über die beiden Percussionisten Tilo Wachter, der auch mit seiner Hang präsent war und Franco Coali, der auch mit dem Akkordeon zu hören war.
Sabine Welander mit der Violine und Claudia Weißenfels mit dem Violoncello sorgten für das Streicher-Timbre, Marcus Rübsamen agierte am Keyboard und Jutta Haaf hatte den Flügel und die Harfe. Ein phantastisches Potenzial für eine Vielzahl von Klangbildern und Kombinationen. Der Chor zeigte sich zu seinem Geburtstagskonzert bestens aufgestellt, ja regelrecht leistungshungrig. Nach einer jazzig-spritzigen Einleitung mit einem Instrumentalarrangement von "Honey Pie", das Jörgen Welander eingerichtet hatte, ließ der Chor mit dem Titelsong des Abends "Good Day Sunshine" seiner Singlaune freie Bahn.
Eine saubere Intonation, Trittsicherheit auch bei schwierigen polyphonen Passagen, eine gut abgestufte Dynamik und klare Artikulation machte das Zuhören zum Hochgenuss. Die Mühelosigkeit, mit der hier musiziert wird, wirkt ansteckend. Man möchte da am liebsten gleich mitmachen. Eine verblüffende Überleitung gelang nach einem wunderschönen altenglischen Stück von John Dowland, in dem Angelika Wesener-Schopka mit ihrer weichen Sopran einen stimmungsvollen Kontrast zum Chorklang setzte, zu einem weiteren Block mit Beatles-Songs: Mit ihrem melodischen Einfallsreichtum schien die Musik der Pilzköpfe unmittelbar an die sanften Weisen des königlichen Lautenmusikers am Hofe von Elisabeth I. anzuknüpfen.
Ein klangschönes Harfensolo baute hier die Brücke. Und auch in der Romantik ist der Kammerchor zu Hause: Ein homophoner A-Cappella-Satz von Friedrich Silcher verströmte Wohlklang pur, mit Schumanns "Zigeunerleben" brach sich begleitet von Klavier und Percussion urromantische Dramatik vom Schlage des "Freischütz" die Bahn: "Um's lodernde Feuer, in schwellendem Grün, da lagern die Männer verwildert und kühn … "- eine tempo- und bilderreiche Ballade, der man mit Spannung bis zum letzten Ton folgte. Egal, in welchem Jahrhundert der Kammerchor unterwegs ist, der Funke springt sofort über, auch bei Bob Chilcotts "Every Time I feel the Spirit" und bei dem wunderbar aufgemachten "Let it be", dem die Solistin Dianne Rübsamen mit ihrer ausdrucksstarken Gospelstimme funkelnde Glanzlichter aufsetzte. Eine witzige Nummer war der "Root Beer Rag" von Billy Joel, in dem Klavier, Percussion und Tuba ein wahres Feuerwerk an ungewöhnlichen Geräuscheffekten zündeten.
Mit einem Block aus drei ganz unterschiedlichen Kompositionen setzte sich das Brass-Wood-Quartett in Szene, einmal jazzlaunig mit "Black Magic Woman", lässig und tiefenentspannt mit "Two Sleepy People" und einer fetzigen Karibik-Nummer, in der die Instrumente freche Soundeffekte produzierten, die mit ihrem Quietschen und Schnarren fast an eine Zirkusnummer erinnerten. Und als Zugabe dann die melancholische Nationalhymne aus Värmelands weiten Wäldern "Ack Värmeland du sköna". Etwas fürs Gemüt waren die streicherbegleiteten "Hebrew Love Songs" von Eric Whitacre, der Chorklang entwickelte hier eine grandiose Weite und Tiefe, man konnte nur so schwelgen in schönen Klängen und großen Gefühlen.
Mit ihrer launigen und kurzweiligen Moderation navigierten Gabi Behe und Arndt Jungermann durch das vielfältige Programm, das mit einer von Albrecht Haaf arrangierten "Little Fab Four Symphony" seinen krönenden Abschluss fand: Ein Beatles Hit jagte den anderen, und als Solist Christopher Holland "Hey Jude" anstimmte, gab es fast kein Halten mehr: Das finale "nanana nananana" steckte auch das Publikum an. Der begeisterte Beifall wurde mit der Wiederholung des Titelsongs "Good Day Sunshine" und einem Schlaflied von John Lennon belohnt.
Auf Youtube können Sie eine Tonaufnahme unserer Zugabe hören. Klicken Sie hierzu bitte auf den Link
Zum zweiten Konzert im Jubiläumsjahr seines 25-jährigen Bestehens lud der Kammerchor Müllheim am 12.+13. Dezember in die Martinskirche ein.
Der Müllheimer Kammerchor überzeugte in der Martinskirche mit seinem beeindruckenden technischen Niveau (veröffentlicht am 15.12.2015 in der Badischen Zeitung von D. Philipp)
Der Müllheimer Kammerchor unter der Leitung von Albrecht Haaf bei seinem Weihnachtskonzert in der Müllheimer Martinskirche. Foto: D. Philipp
MÜLLHEIM. Weihnachtsmusik mit dem Müllheimer Kammerchor: Mit einem an Klangbildern und Besetzungen reichhaltigen Konzert endete in der Martinskirche das
Jubiläumsjahr des Chors, der vor 25 Jahren von Albrecht Haaf gegründet worden war und seither zu den Besten in der Region zählt.
Der Kammerchor ist ein Klangkörper mit Dichte und Fülle, ausgewogener Stimmenverteilung und einem beeindruckenden technischen Niveau. Mit Mendelssohns "Verleih uns Frieden gnädiglich" eröffnete
er das Programm, die sanften, süßen Harmonien des romantischen Genies kontrastierten reizvoll mit der mittelalterlichen Schwere des Luthertextes. Und auch das überirdisch schöne, schwebende "Denn
er hat seinen Engeln befohlen" aus Mendelssohns Oratorium "Elias" wird nicht zu Unrecht als eines der schönsten Werke Mendelssohns für gemischten Chor gepriesen. Aber auch Haaf ist nicht nur ein
versierter Chorleiter, sondern auch ein überregional beachteter Komponist, dessen Werke vielfach aufgeführt werden. Und so war es auch der Kammerchor, der an diesem Abend zwei Uraufführungen
realisierte: "Weihnachten" nach einem Text von Joseph von Eichendorff und "Stern aller Sterne", ein Chorstück, zu dem Haaf auch den Text verfasst hatte. Haaf komponiert als versierter Chorleiter,
schichtet die Klänge kompakt und schnörkellos, geht auf den Text ein, ohne zu sehr ins Lautmalerische abzugleiten. Wie sich der Klang weitet, wenn Eichendorff aus den Mauern hinaus ins freie Feld
wandert, wie die Harmonik unerwartete Wendungen nimmt, wie sich die Stimmen aus der Homophonie befreien, wenn sie in ein vielstimmiges "O du gnadeneiche Zeit" einfallen – das war ein besonderes
Hörerlebnis. Haaf komponiert moderne Musik ohne schneidende Dissonanzen und vokale Experimente, aber auch ohne falsche Nostalgie, im "Stern aller Sterne" klangen sogar ein paar Jazzharmonien an.
Das mächtige Crescendo hin zum "Natus est Jesus" war dramaturgisch perfekt inszeniert, ebenso das überirdisch schöne reine Dur, das sich da und dort aus den dicht strukturierten Akkorden
entwickelte. Der Chor ging mit Begeisterung und Konzentration mit, zeigte sich der anspruchsvollen Harmonik und Rhythmik gewachsen. Begleitet wurden diese beiden Stücke von Jutta Haaf am Klavier,
das in der Komposition die Rolle eines durchaus eigenständigen, dezenten Kommentators einnimmt. Auch die bereits veröffentlichten "weihnachtlichen Stimmungsbilder" nach Texten von Rilke und
Morgenstern für gemischten Chor, Flöte und Klavier von Haaf waren ein Highlight. Die "Flockenherde" wirbelte in bewegten Wellen, Rilkes "kapellenloser Glaube" entfaltete sich als stilles
Mysterium, die "Glocke" von Morgenstern ließ ihren tiefen, weit tragenden Ton hören.
Was wäre weihnachtliche Musik ohne Flöten? Das Konzert bereicherte ein junges Ensemble aus der Blockflötenklasse der Musikschule Müllheim, zunächst mit dem übermütig verspielten "La Follia",
einem barocken Variationenwerk, mit dem der Komponist Michel Farinel in die Musikgeschichte eingegangen ist. Der Klang der beiden Altflöten (Mia Hofmann und Ann Kristin Beckert) schmiegte sich
eng an das Flötenregister der Orgel (Nora Heuberger), und die Harfe (Amelie Wyss) setzte dazu schöne Glanzlichter. Später bereicherte das Flötenensemble das Klangbild der Auszüge aus dem
Weihnachtsoratorium von Saint-Saëns zusammen mit einem kleinen Streichorchester, ebenfalls mit Absolventen und Lehrkräften der Musikschule. Ein Bonbon waren die beiden altfranzösischen Stücke,
die Haaf für Sopranflöte und Orgel sowie für Altflöte, Orgel und Tambourin eingerichtet hatte (Mia Hofmann, Jutta Haaf, Albrecht Haaf). Hier konnten die Ausführenden von der Erfahrung von
Albrecht und Jutta Haaf im Mittelalter-Ensemble Freiburger Spielleyt profitieren.
Einen höchst virtuosen Beitrag steuerte Winfried Meier-Ehrat, Leiter der Musikschule Markgräflerland, bei: Begleitet von Albrecht Haaf am Klavier spielte er die Fantasie für Querflöte und Klavier
op. 79 von Gabriel Fauré, ein Meisterstück mit atemberaubendem Laufwerk, ein virtuoses, luftiges Tongespinst von höchster Eleganz und Reinheit. Das Streichorchester kam mit vier Miniaturen von
César Franck schön zur Geltung, deren Vorlage altfranzösische Weihnachtslieder waren. Ein prächtiges, geradezu symphonisches Tutti erblühte in den Chorstücken aus Saint-Saëns’
Weihnachtsoratorium, das im Jubel des "Tollite hostias" seinen Höhepunkt fand. Für die Solopassagen konnte Haaf auf versierte Sängerinnen und Sänger aus dem Chor zurückgreifen: Stephanie Rieber
als Sopranistin, Angelika Wesener-Schopka als Mezzosopran und Winfried Meier-Ehrat als Tenor.